Kriegsenden, Nachkriegsordnungen und Militärreformen im 19. und 20. Jahrhundert

Kriegsenden, Nachkriegsordnungen und Militärreformen im 19. und 20. Jahrhundert

Organizer(s)
Militärgeschichtliches Forschungsamt Potsdam
Location
Potsdam
Country
Germany
From - Until
26.02.2009 - 27.02.2009
Conf. Website
By
Christiane Winkler, German Department/Centre for European Studies, University College London

Auf welche Weise gelingt einer Gesellschaft und ihrem Militär der Übergang von der Kriegs- in die Nachkriegszeit? Welche militärischen, politischen, sozialen und kulturellen Konfliktpotenziale bestimmen eine derartige Transformationsphase? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des zweitägigen Workshops Kriegsenden, Nachkriegsordnungen und Militärreformen im 19. und 20. Jahrhundert, der am 26. und 27. Februar 2009 am Militärgeschichtlichen Forschungsamt (MGFA) Potsdam stattfand. Der von Jörg Echternkamp und Thomas Vogel konzipierte Workshop führte Wissenschaftler zusammen, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit der Übergangsphase nach Ende eines siegreichen oder verlorenen Krieges beschäftigen. Der Zeitrahmen der Beiträge reichte von den napoleonischen Kriegen bis zur rezenten Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen.

Zum Thema der ersten Sektion Reformen und politisch-militärische Kultur im Umfeld der napoleonischen Kriege referierte MARCUS VON SALISCH (Potsdam) über Reformen des Militärs in Sachsen. Während die verlorene Doppelschlacht von Jena und Auerstedt 1806 für Preußen einen Reformkatalysator dargestellt habe, sei dies für Sachsen nicht der Fall gewesen. In Sachsen seien erst im Zuge des Feldzugs gegen Österreich 1809 Diskussionen über Reformen entstanden, woraufhin 1810 die sächsische Armee neu formiert wurde. Ideelle Reformziele wie die Integration des Bürgertums in das Militär seien in Sachsen jedoch weitgehend außen vor geblieben. Die Veränderungen betrafen vielmehr die Militärtechnik, die Organisation und die Struktur des Heeres. Vergleiche man die Modernisierung des sächsischen Militärwesens mit der preußischen Heeresreform als „einziger echter“ Reform, seien die Maßnahmen in Sachsen eher als Reorganisation denn als Reform zu verstehen.

Über die preußenzentrierte Perspektive hinaus ging auch der Beitrag von KATHERINE AASLESTAD (Morgantown/West Virginia), in dem sie untersuchte, wie die Kriege um 1800 die Nachkriegsbeziehungen zwischen Militär und Zivilgesellschaft in den Hansestädten geprägt hatten. Anhand von Debatten über den Militärdienst der Bürger zeigte Aaslestad, dass die napoleonische Vergangenheit sowohl als Legitimation als auch als Ablehnung einer Einführung des Militärdienstes dienen konnte. Einschlägig waren Aaslestads konzeptionelle Bemerkungen zum Charakter einer Nachkriegszeit, die nicht nur durch kurzfristige Kriegsfolgen nach Einstellung der Kampfhandlungen, sondern ebenso durch längerfristige Auswirkungen des Krieges geprägt seien. Die Charakteristika einer Nachkriegszeit drückten sich zudem in kollektiven Gewalterfahrungen aus, in der Zerstörung der ökonomischen Infrastruktur, in gesellschaftlichen und politischen Zusammenbrüchen sowie in dem Wunsch nach Normalität und Stabilität.

SABINE HARING und HELMUT KUZMICS (beide Graz) untersuchten in ihrem zweiteiligen militärsoziologischen Vortrag Ausprägungen eines sozialen Habitus von habsburgischen Offizieren zwischen 1800 und 1918 im Zusammenhang mit verschiedenen Militärreformen der Habsburgerarmee. Als empirische Beispiele analysierte Haring Reformbemühungen von Erzherzog Karl, während Kuzmics auf Reformen fokussierte, mit denen das österreichische Heer auf die Kampfweise Napoleons zu reagieren suchte. Als Ergebnis hielten die Referenten fest, dass die habsburgischen Offiziere durch eine paradoxe Doppel-Mentalität gekennzeichnet gewesen seien. Die Analyse der strategischen Planungen zeige die Unentschlossenheit und das Zögern der Österreicher, während eine Untersuchung der militärischen Praxis das Bild eines aggressiv kämpfenden habsburgischen Heeres zeichne. Im Vergleich zu Preußen sei die habsburgische Militärführung zudem weniger professionell gewesen. Der typische österreichische Offizier sei ein „Unvollendeter“.

Die zweite Sektion Von den Befreiungskriegen zur Reichseinigung leitete LINDA BRAUN (Bielefeld/Berlin) ein mit ihrem Vortrag über die allgemeine Wehrpflicht in Preußen und Problemkonstellationen, die sich im Zuge ihrer Durchsetzung ergaben. Durch eine Analyse sozialer Gruppen – der Mennoniten, der Staatsbeamten und der polnischen Minderheit in Ostpreußen – arbeitete Braun heraus, wie das Gesetz in der Gesellschaft rezipiert wurde und welche sozialen Konflikte es hervorbrachte. Dabei stellte sie fest, dass die allgemeine Wehrpflicht nicht uneingeschränkt akzeptiert wurde und sich unterschiedliche Formen des Widerstands gegen die praktische Umsetzung des Gesetzes herausbildeten. In ihrem Widerstand unterstützt worden seien die Betroffenen von lokalen Verwaltungsbeamten und Landräten, die eine Verschlechterung der ökonomischen Lage in ihren Zuständigkeitsbereichen fürchteten, wenn die jungen Männer regelmäßig zu Landwehrübungen eingezogen wurden und als Arbeitskräfte ausfielen.

MARKUS FRIEDRICH (Halle) untersuchte Erinnerungen an die napoleonischen Kriege, die sich im Vormärz konstituierten. Durch die Analyse von publizierten Selbstzeugnissen der Veteranen preußischer Freiwilligeneinheiten, historiographischen Schriften sowie zeitgenössischen Lexikonartikeln arbeitete Friedrich vier Erinnerungsmuster heraus: die Gleichheit aller Soldaten im Kampf; das „Vaterland“ als eine Klammer, die Volk und Monarchie umfasste; das soldatische Opfer, das als Garant für eine bessere Zukunft propagiert wurde, sowie die freiwillige Kriegsteilnahme, die als Bürgerpflicht dargestellt wurde. Dagegen spielte Frankreich in den von Friedrich untersuchten Erinnerungsquellen kaum eine Rolle. Während die zeitgenössischen Historiker die deutsche Nation beschworen, bezogen sich die Veteranen in ihren Erinnerungen häufiger auf die Monarchie. Trotz dieser Unterschiede hielt Friedrich fest, dass sich die Erinnerungen der preußischen Freiwilligen insgesamt kaum von der offiziellen Deutung unterschieden.

Am Beispiel der Schleswig-Holsteinischen Armee zwischen 1848 bis 1851 analysierte JAN SCHLÜRMANN (Kiel) den Einfluss der Industrialisierung, der technischen Neuerungen sowie der sozialen Frage auf die Strukturen von militärischen Organisationen. Ein Motor der Reformen für die Schleswig-Holsteinische Armee sei zudem der deutsch-dänische Konflikt gewesen. Als dieser sich verschärfte, mussten innerhalb kurzer Zeit ein schlagkräftiges Heer aufgebaut und militärische Umstrukturierungen eingeleitet werden. Dass die militärische Führung viele Reformideen umsetzten konnte, führte Schlürmann auch darauf zurück, dass ein reger Austausch mit preußischen und hannoveranischen Offizieren stattfand, die als Experten für Reformvorhaben fungierten. Da die Schleswig-Holsteinische Armee drei Jahre nach ihrer Gründung wieder aufgelöst wurde, sei es schwierig, die eingeleiteten Maßnahmen als erfolgreiche Reform zu verstehen.

Am Ende dieser Sektion richtete SYLVIA KESPER-BIERMANN (Paderborn/Bayreuth) den Fokus auf die normative Seite der Reformen, indem sie Militärstrafgesetzbücher in Deutschland zwischen 1803 und 1872 untersuchte. Als Kernaspekte militärstrafrechtlicher Regelungen identifizierte sie die Systematisierung und Kodifizierung sowie eine Einschränkung des Geltungsbereiches auf Militärpersonen und militärspezifische Delikte. Die Ziele der Militärstrafgesetzgeber seien keine primär militärspezifischen gewesen, sondern müssten vielmehr im Zuge der allgemeinen Umgestaltung des Ständestaates in einen Bürgerstaat verstanden werden. Das neue Militärstrafrecht habe sich daher auch auf das Verhältnis von Militär und Gesellschaft ausgewirkt. So sei das Militärstrafgesetzbuch vom Reichstag 1872 dezidiert als Ergänzung zum zivilen Gesetzbuch konzipiert und das Heer damit als Teil des Volkes und das Militärstrafsystem als Teil des zivilen Strafsystems verankert worden.

Das deutsche Kaiserreich und die Folgen des Krieges von 1870/71 in Deutschland und Frankreich standen im Mittelpunkt der dritten Sektion. FRANK BECKER (Münster) stellte Überlegungen zu den Folgen des deutsch-französischen Krieges für die Organisation der deutschen Streitkräfte an. In der traditionellen Sichtweise habe der deutsch-französische Krieg nicht zu einer Reorganisation oder Reform des deutschen Militärs geführt. Becker plädierte dafür, diese Auffassung zu modifizieren. Die Armee habe durchaus aktuelle gesellschaftliche Konflikte zu lösen vermocht, indem sie das Bürgertum durch die allgemeine Wehrpflicht in das Militär integriert habe. Becker stellte zudem die These in Frage, die Deutschen hätten sich nach 1871 nicht auf einen drohenden „totalen Krieg“ eingestellt. Becker zufolge reagierte die Heeresleitung nicht auf die veränderte Kriegsführung im Ersten Weltkrieg, weil sie das eigene System für besser, eine professionelle kleine Armee für humaner hielt und einen „Volkskrieg“ unter allen Umständen vermeiden wollte. Auch der Schlieffen-Plan habe in diese Richtung gewirkt und könne als Ersatz einer Reform der Streitkräfte verstanden werden.

Nach diesem Blick auf das zivil-militärische Verhältnis richtete WENCKE METELING (Marburg) die Aufmerksamkeit auf innermilitärische Konsequenzen von Kriegsenden und untersuchte Auswirkungen der Niederlagen der Kriege von 1870/71 und 1918 auf französische und deutsche Regimenter. Meteling betonte, dass der deutsch-französische Krieg sowohl für die preußischen als auch für die französischen Regimenter eine traumatische Erfahrung darstellte. Während der Krieg in der Praxis kein Volkskrieg gewesen sei, so sei er als Übergang von einem dynastischen Krieg zu einem Nationenkrieg gedeutet und stilisiert worden. Auch die Kriegserfahrung des Ersten Weltkriegs sei bis 1916 weitgehend analog gewesen; erst durch die katastrophale Versorgungslage habe sich die Kriegserfahrung der deutschen Regimenter drastisch verändert. In Frankreich und Deutschland seien die von ihr untersuchten Regimenter bei der Heimkehr aus dem Ersten Weltkrieg als Sieger und Bewahrer der Heimat gefeiert worden, wodurch die Weichen für die künftige Verarbeitung des Krieges gestellt worden seien.

Das derzeit große Interesse an der Kolonialgeschichte spiegelte sich wider in der vierten Sektion zu Kolonialismus und Erster Weltkrieg: Kriegsbilder im Wandel. ECKARD MICHELS (London) untersuchte Versuche der Etablierung einer deutschen Kolonialarmee. Seit der Jahrhundertwende habe man versucht, durch die Entsendung von Expeditionskorps und die Einrichtung von Kommissionen Grundsätze für künftige Operationen in Übersee zu erarbeiten. Eine großangelegte Reform sei zwar ausgeblieben, doch habe es punktuelle Reformansätze gegeben, die weniger auf eine taktische Ausbildung als vielmehr auf eine Schulung der Offiziere als „Kolonialentwickler“ mit einem Betätigungsfeld im kulturellen und ökonomischen Bereich abzielten. Trotz dieser Reformansätze und -debatten sei es letztlich zu keiner grundsätzlichen Neustrukturierung oder Vergrößerung der deutschen Kolonialtruppen gekommen. Dies führte Michels nicht zuletzt darauf zurück, dass die Kolonien nur eine untergeordnete Rolle spielten und dass auf Deutschland kein großer militärischer Reformdruck lastete, da der letzte Krieg 1871 gewonnen worden war.

ELISE JULIEN (Paris) lenkte den Fokus auf die Nachkriegszeit des Ersten Weltkrieges, indem sie Erinnerungskulturen in Paris und Berlin bis in die frühen 1930er-Jahre untersuchte. Die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg habe sich in beiden Hauptstädten auf der Ebene unterschiedlicher Akteure herausgebildet, deren Aktivitäten auf spezifische Weise zusammenwirkten. Julien unterschied zwischen nationalen Akteuren, lokalen Akteuren in Form von kleineren Erinnerungsgemeinschaften und den Städten selbst als Erfahrungs- und Erinnerungsräumen. Im Gegensatz zu Erinnerungsprodukten der nationalen Ebene oder in Form lokaler Kriegsdenkmäler sei der städtische, kommunale Rahmen für die Erinnerung in Berlin und Paris jedoch unterdeterminiert geblieben. In beiden Hauptstädten gebe es zwar nationale Denkmäler, jedoch kein zentrales Denkmal für die gefallenen Bürger dieser Städte, auch wenn immer wieder darüber diskutiert worden war.

Im Mittelpunkt der fünften Sektion stand die epochenübergreifende Rezeption der Reform(er) bis in die Zeit des Kalten Krieges. JUTTA WEITZDÖRFER (Tübingen) referierte über Debatten zur Einführung einer Wehrpflicht im Weimarer Reichstag und im Deutschen Bundestag. Während die Debatten in der Weimarer Zeit auf eine Integration der Staatsbürger zielten, sollte im politischen Diskurs der 1950er-Jahre der Soldat zum Bürger werden. In der Weimarer Republik erlangte die Diskussion um die Wehrpflicht politische Bedeutung, da die Wehrpflicht als Möglichkeit diskutiert wurde, direkt Einfluss auf die Erziehung und Ausbildung der jungen Männer zu nehmen. In den politischen Debatten der Zwischenkriegsjahre sei es zudem zu einer Verklärung der Rolle der Wehrpflicht gekommen im Zuge derer die de facto fehlende Wehrpflicht für gesellschaftliche Missstände mitverantwortlich gemacht worden sei.

OLIVER BENJAMIN HEMMERLE (Chemnitz/Mannheim) ging der Frage nach, wie die preußischen Reformen sowie die Generäle Scharnhorst und Gneisenau in deutschen Schulbüchern zwischen 1823 und den 1980er-Jahren rezipiert wurden. Hemmerle machte es sich zu Nutze, dass Schulbücher Quellen darstellen, die lückenlos und in großer Menge Zahl vorhanden sind und dadurch ein staatlich zugelassenes Geschichtsbild und eine offiziell legitimierte Geschichtsdeutung im Wandel widerspiegeln. Als Ergebnis hielt er fest, dass die Reformen und die Reformer in den Schulbüchern regimeübergreifend als positive „role models“ eingesetzt wurden und jeweils im Sinne eines dominanten Geschichtsbildes genutzt werden konnten.

Die Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen wurde in den Vorträgen der letzten Sektion Nachkriegs-Probleme in West- und Ostdeutschland: „Heimkehr“ und Erinnerung thematisiert. CHRISTIANE WINKLER (London) sprach in ihrem Vortrag über die Funktion von Konversions- und Transformationserzählungen heimgekehrter deutscher Kriegsgefangener des Zweiten Weltkriegs. Der Topos einer in der Kriegsgefangenschaft erfolgten Konversion oder Transformation stelle ein wichtiges narratives Mittel dar, das es Heimkehrern ermöglicht habe, bestimmte mediale und politische Diskurse über die ideologischen Nachkriegsordnungen in Ost- und Westdeutschland aufzugreifen, diese für eine sinnvolle und öffentlich legitimierte Deutung ihrer persönlichen Umorientierung nach dem Kriegsende zu nutzen und sich so in einer veränderten Nachkriegsgesellschaft neu zu verorten. Die Erzählungen haben zudem der Affirmation und Begründung spezifischer Nachkriegsidentitäten gedient.

Der Beitrag von CHRISTINA MORINA (Jena) wurde aufgrund einer kurzfristigen Erkrankung der Referentin verlesen. Morina analysierte in ihrem Beitrag die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs auf den politisch-gesellschaftlichen Diskurs in der SBZ/DDR im ersten Nachkriegsjahrzehnt. In der politischen Kultur Ostdeutschlands sei der Krieg einerseits als ein traumatisches Ereignis der Vergangenheit, andererseits als Vermächtnis für Gegenwart und Zukunft gedeutet worden. Der politische Hintergrund des frühen Kalten Krieges habe dabei wesentlich die Art der Verarbeitung und Aufarbeitung des Kriegs beeinflusst und zudem die pazifistische Haltung der SED sowie die Wiederbewaffnung der DDR unter Führung der sowjetischen Streitkräfte begründet. Der „paradoxe militante Pazifismus“ sei daher eines der prägenden Merkmale der politischen Kultur der DDR gewesen.

In einem Schlusswort fasste JÖRG ECHTERNKAMP wesentliche Aspekte des Workshops zusammen, der den Teilnehmern die Möglichkeit bot, unterschiedliche Transformations- und Übergangsphasen, ihre Auswirkungen auf konkrete soziale, politische und militärische Strukturen sowie ihre Deutung in Erinnerungskonstruktionen zu diskutieren.

Insgesamt haben die Beiträge wichtige Erkenntnisse zu unterschiedlichen Aspekten geliefert: So haben viele Referenten beispielhaft die enge Verzahnung zwischen einer Gesellschaft und ihrem Militär herausgearbeitet. Dauer und Reichweite einer Nachkriegszeit wurden ebenfalls aus unterschiedlichen Perspektiven und für die verschiedenen Epochen thematisiert. Dabei wurde deutlich, dass eine Nachkriegszeit unterschiedliche Phasen umfassen kann und oftmals so lange dauert, bis sie von anderen einschneidenden Ereignissen abgelöst wird. Zudem haben mehrere Beiträge den für das 19. Jahrhundert oftmals üblichen Fokus auf Preußen und die preußischen Reformen bewusst auf andere Länder und Regionen ausgeweitet. Der Workshop hat ebenfalls gezeigt, dass die vorgestellten historischen Analysen der Übergänge vom Krieg in die Nachkriegszeit in einem Forschungsfeld situiert sind, das insbesondere in seiner europäischen und transnationalen Dimension noch weiter präzisiert und untersucht werden muss. Bislang scheint die Forschung, insbesondere zur zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, sich immer noch stark innerhalb eines nationalstaatlichen Rahmens zu bewegen. Auch ein diachroner Vergleich von Mustern oder signifikanten Abweichungen der Transitionsphasen vom Krieg in den Nachkrieg müsste intensiver diskutiert werden. Hierzu könnten die geplanten Veröffentlichungen der Ergebnisse des Workshops in zwei Sammelbänden einen Beitrag leisten.

Konferenzübersicht:

I. Sektion: Jenseits von Preußen: Reformen und politisch-militärische Kultur im Umfeld der napoleonischen Kriege

Marcus von Salisch (Potsdam): Militärreformen in deutschen Mittelstaaten. Das Beispiel Sachsen.
Sabine Haring/Helmut Kuzmics (Graz): Habitus und Reform in der Habsburger Armee zwischen 1800 und 1918.
Katherine B. Aaslestad (Morgantown, West Virginia): Phönix aus der Asche: Krieg, Demobilisierung und Wiederherstellung des bürgerlichen Lebens in den republikanischen Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Lübeck, 1813-1830.

II. Sektion: Von den Befreiungskriegen zur Reichseinigung: Reform, Wehrpflicht, Erinnerung

Linda Braun (Bielefeld/Berlin): Die Durchsetzung der allgemeinen Wehrpflicht in Preußen.
Markus Friedrich (Halle): Die Erinnerung an die antinapoleonischen Kriege im Vormärz.
Jan Schlürmann (Kiel): Die Schleswig-Holsteinische Armee 1848-1851. Militärische Reformfähigkeit und –unfähigkeit in Zeiten der politischen und militärischen Revolution.
Sylvia Kesper-Biermann (Paderborn/Bayreuth): Reformen im Militärstrafrecht. Militärstrafgesetzbücher in Deutschland 1803-1872.

III. Sektion: Folgen des Krieges von 1870/71 in Deutschland und Frankreich

Frank Becker (Münster): Die Folgen des deutsch-französischen Krieges für die Organisation der Streitkräfte in Deutschland.
Wencke Meteling (Marburg): Militärische Binnenstrukturen im Umbruch. Die Auswirkungen der Niederlagen auf deutsche und französische Regimenter im Vergleich (1870/71 und 1918).

IV. Sektion: Kolonialismus und Erster Weltkrieg: Kriegsbilder im Wandel

Eckard Michels (London): Die verhinderte Reform. Ansätze zur Schaffung einer deutschen Kolonialarmee 1900-1914
Elise Julien (Paris): Die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg in Paris und Berlin.

V. Sektion: Rezeption der Reform(er): Legitimation und Mobilisierung bis zum Kalten Krieg

Jutta Weitzdörfer (Tübingen): Warum brauchen wir die Wehrpflicht? Wehrpflichtdebatten im Weimarer Reichstag und im Deutschen Bundestag.
Oliver Benjamin Hemmerle (Chemnitz/Mannheim): Die preußischen Reformer als Vorbilder in Schulbüchern unter jedem Regime?

VI. Sektion: Nachkriegs-Probleme in West- und Ostdeutschland: „Heimkehr“ und Erinnerung

Christiane Winkler (London): Zur Funktion von Konversions- und Transformationserzählungen ehemaliger Kriegsgefangener des Zweiten Weltkrieges.
Christina Morina (Jena): Der Krieg als Vergangenheit und Vermächtnis. Zur Rolle des Zweiten Weltkrieges in der politischen und militärischen Kultur Ostdeutschlands 1945-1955.


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